"Ich weiß, wer du bist."

Willi Seiß mit Dr. Boie bei der Mistelernte im BurgenlandZunächst war die Wala an einer Entwicklung interessiert. Die Verhandlungen fanden in deren Räumen in Eckwälden statt. Anwesend waren auch Prof. Wrba, Leiter vom Krebsforschungsinstitut in Wien, zu dem Frau Dr. Günczler guten Kontakt hatte. Da er seine Tochter an Leukämie verlor, griff er jede Spur auf, die sich ihm zeigte, um gegen diese Krankheit ein Mittel zu finden. Die Zusammenarbeit mit der Wala, damals durch Herrn Kaphan und Frau Mewes, wurden abgebrochen, da Schwenk mit der Weleda sympathisierte. Dann wollte er pro Ampulle eine relativ hohe Erfindervergütung, die nach meiner Rechnung nicht realisierbar war. Er zog sich mit dem Argument zurück, dass die Maschine sein Eigentum wäre. Und hier irrte er, da er ja Angestellter seines Vereins war und Erfindungen in diesem der Fa. Voith zuerst zur Verwendung zustanden. Ich bat Schwenk damals, er möge das prüfen, und er kam betroffen zu mir, dass ich recht hätte. Er war gezwungen, im Vorstand seines Vereins die Situation offen zu legen und dieser verfügte, damals Frau Voith als I. Vorsitzende, die Mischmaschine unserem Verein gegen eine ansehnliche Vergütung pro Herstellung zur Verfügung zu stellen. Da war Ratlosigkeit, damit hatte niemand gerechnet. Ich hatte nach wie vor meine Agentur zu betreuen und im Verein für Leukämie- und Krebstherapie sowohl für die Finanzen als auch für die Bereitstellung von Ampullen zu sorgen, dazu gehörten die Ernten von Misteln, deren Verarbeitung und was sonst noch alles dazu gehört. Ich war entschlossen, eine eigene Mistelsaft-Mischmaschine zu entwickeln und herzustellen, um aus diesem finanziellen Schwitzkasten, in den wir da gesteckt wurden, sofort wieder herauszukommen. Dazu kam, dass uns Schwenk jegliche Kenntnis über seinen Mischungsprozess, also seine Maschine, vorenthielt. Wir waren total abhängig und unsere Ampullenvorräte für die Versorgung der Patienten von Dr. Boie und von Frau Dr. Günczler schmolzen dahin.

Es führt hier zu weit, über die verschiedenen Maschinen zur Mischung der Sommer- und Wintersäfte der Mistel in Arlesheirn, in Pforzheim, die von Dr. Köhler und jene von Schwenk zu sprechen. Wir mussten unseren eigenen Weg gehen. Er lag in der Anwendung des Wirbelprinzips. Bei Versuchen stand uns, meiner Frau und mir, ein guter Geist zur Seite und "zeigte" im Experiment, wie das geht. Innerhalb von zwei Wochen war alles gelaufen. Wir waren mit der eigenen Maschine unabhängig geworden.

Monika Neve: Können Sie sagen. wie Sie das gemacht haben?

Willi Seiß: Das Prinzip war einfach. Wir mussten einen guten Wirbel erzeugen. dann sollte den Mistelsäften der Rhythmus von 1:4 eingeprägt werden, also von Atem und Blut. Da wir unter Zeitdruck standen, war eine eigene Konstruktion - auch aus Kostengründen - nicht zu realisieren. Also kaufte ich eine ausgediente, aber noch gute Bohrmaschine in einer Stuttgarter Fabrik um DM 7.000. Diese Maschine bauten wir so um, dass sie im Hub einen Exzenter erhielt, der die Drehung der Spindel zugleich auf und nieder bewegte. Die Bohrermitte wurde erneuert mit einem V2A-Rohr, das uns eine Firma für Gewehrläufe richtete. Dieses Rohr bewegte sich durch die Spindel im erwähnten Rhythmus und führte bei der Abwärtsbewegung den einen Teil des Saftes in einem feinen Strahl in den sich horizontal im Wirbel kreisenden Wintersaft. Beim Weg nach oben wandelte sich der Strahl in Tropfen. Sie sehen, wir mischten nicht nur, vielmehr versuchten wir menschliche Rhythmen, soweit als möglich, dem Element Mistelsaft anzubieten. Diese Maschine stand in zwei Wochen und funktionierte. Es half mir dabei ein lieber Freund, ein genialer Techniker und Mechaniker, der schon im Krieg in russischer Gefangenschaft den Russen im Versuch den Raketenantrieb vorgeführt hatte. - Natürlich war die Frage, wo machen wir das alles? Dazu richteten wir zuerst in einem Landhaus von Frau Dr. Günczler im Burgenland, in Bernstein ein Labor ein, in dem wir die Mistelsäfte gewonnen haben. Wir haben dort geerntet, zum Teil auch in Südfrankreich. Diese Ernte habe ich gemacht, zum Teil auch zusammen mit Dr. Boie.