Vorwort

(Aus „Meditationen über die Großen Arcana des Taro“, Verlag Anton Hain, Meisenheim am Glan 1972, Übersetzung: Gertrud von Hippel. Der französische Text wurde zeichengetreu aus der Originalmaschinenabschrift übernommen.)

Diese Meditationen über die Großen Arcana des Taro sind „an den unbekannten Freund“ gerichtete Briefe. Empfänger ist jeder, der bereit ist, sie alle zu lesen, und der dann aus sicherer Kenntnis, die er der Erfahrung beim meditativen Lesen verdankt, wissen wird, worum es sich im christlichen Hermetismus handelt. Er wird auch wissen, daß der Verfasser dieser Briefe in ihnen mehr von sich selbst gesagt hat, als er es auf irgendeine andere Art hätte tun können. Er wird den Verfasser aus diesen Briefen selbst besser kennen lernen, als dies aus irgendeiner anderen Quelle möglich wäre.

Diese Briefe sind auf Französisch geschrieben, weil in Frankreich seit dem XVIII. Jahrhundert bis auf unsere Tage – d. h. der zweiten Hälfte des XX. Jahrhunderts – eine Literatur über den Taro besteht – ein Phänomen, das sich nirgendwo sonst findet. Ebenfalls besteht in Frankreich – und erhält sich beharrlich – eine fortlaufende Tradition des Hermetismus, die in sich sowohl den Geist der freien Forschung wie den der Ehrfurcht vor der Überlieferung vereinigt. Der Inhalt dieser Briefe wird sich also in dieser Tradition „inkarnieren“, d. h. von ihr ein organischer Teil werden, wie auch einen Beitrag zu ihr beisteuern können.

Da diese Briefe nun dafür bestimmt sind, als Stütze und Beitrag der hermetischen Tradition zu dienen, deren Beginn sich in historischer, schon legendär gewordener Ferne verliert, der Epoche des Hermes Trismegistos, sind sie eine konkrete Kundgebung des Jahrtausende alten Stromes von Gedanke, Bemühung und  0ffenbarung. Ihr Ziel ist nicht nur, die Tradition im XX. Jahrhundert wieder aufleben zu lassen, sondern auch – und vor allem -, den Leser oder vielmehr den unbekannten Freund untertauchen zu lassen in diesen Strom, sei es zeitweise, sei es für immer. Darum dienen die zahlreichen Zitate alter und moderner Schriftsteller, die Sie in diesen Briefen finden werden, weder literarischen Zwecken noch solchen der Gelehrsamkeit. Sie sind Beschwörungen der Meister der Tradition, damit sie gegenwärtig seien mit ihren Impulsgebungen zum Streben und ihrem Gedankenlicht im Strom des meditativen Gedankens, den diese Briefe über die 22 Großen Arcana des Taro darstellen. Im Grunde sind es zwei und zwanzig geistige Übungen, mittels derer Sie, lieber unbekannter Freund, sich in den Strom der lebendigen Tradition versenken und damit eintreten können in die Gemeinschaft der Geister, die ihm gedient haben, und die ihm dienen.

Und die in Frage stehenden Zitate dienen nur dem Ziel, diese Gemeinschaft stärker hervortreten zu lassen. Denn die Glieder der Kette der Tradition sind nicht allein Gedanken und Bemühungen; sie sind vor allem lebende Wesen, die diese Gedanken dachten und diese Anstrengungen gemacht haben. Das Wesen der Tradition ist keine Lehre, sondern vielmehr eine Gemeinschaft der Geister von Zeitalter zu Zeitalter.

Weiter bleibt nichts zu sagen in diesem Vorwort zu den Meditationsbriefen über den Taro, weil alle andern Fragen, die sie betreffen, ihre Antwort in den Briefen selbst finden werden.

                     Ihr Freund grüßt Sie, lieber unbekannter Freund, von jenseits des Grabes.



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